Die Fastenzeit: Mit meiner Sehnsucht in Berührung kommen

Mit dem Aschermittwoch beginnt die vierzigtägige Vorbereitungszeit auf das Osterfest: die Fastenzeit (Österliche Bußzeit). Die Zahl 40 symbolisiert in der Bibel Zeiten der Selbstbesinnung und Klärung, der Prüfung, Buße und Neuorientierung, der Vorbereitung und des Übergangs. Der Inhalt der Fastenzeit ist die “Umkehr“. Wer um-kehrt, richtet seinen Sinn neu aus.

Die Fastenzeit lädt mich ein, die Frage zu stellen: Was ist meine tiefste Sehnsucht? Ich kann diese Frage vielleicht nicht sofort beantworten. Wenn ich mich in den nächsten vierzig Tage auf sie einlasse, wird sie mich lehren, meine Wirklichkeit anzunehmen wie sie ist. Ich schaue meine Wirklichkeit immer wieder an, um zu entdecken, was in ihr ist und lerne dabei mich selbst mehr zu verstehen. Was ist etwa der Grund meiner Hoffnungen und Wünsche, was sollen mir meine Süchte eigentlich bringen? Dann kann ich überlegen, welche kleine Schritte ich setze, um meine tiefste Sehnsucht wirklich zu leben. Vieles, um das ich immer wieder krampfhaft kreise, verliert dann seine Wichtigkeit. Das Geschenk der Umkehr lautet: Leben statt Gelebtwerden.

Ziele werden erreicht und Wünsche erfüllen sich. Doch in ihnen bleiben Gefühle der Leere und Unruhe zurück. Die Sehnsucht streckt sich nach Größerem aus. Nichts und niemand kann diese Sehnsucht beruhigen. Aber auch was meine Wünsche nicht erfüllt, kann meine Sehnsucht vertiefen. Erst wenn ich meine innere Quelle entdecke, die nie versiegt, komme ich zur Ruhe. Die Sehnsucht macht das Herz weit. Die Frage nach meiner tiefsten Sehnsucht bringt mich in Berührung mit mir selbst und mit meiner ganz eigenen Antwort auf Gottes Sehnsucht nach mir. Die christliche Spiritualität spricht immer wieder davon, dass Gott sich danach sehnt, den Menschen zu lieben. Es ist eine Liebe, die nicht versiegt. Wie möchte ich darauf antworten?

 

Gregor Schwabegger OCist