Sagt Gott, dem Vater, jederzeit Dank für alles im Namen Jesu Christi, unseres Herrn! (Eph 5,20)
Es ist einfach, für das Gute, das wir erfahren und erhalten, dankbar zu sein und „Danke!“ zu sagen. Dankbarkeit stiftet Gemeinschaft und schenkt Frieden. Aber können wir für alles Gott Dank sagen – für Augenblicke der Freude und der Traurigkeit, für Momente des Erfolgs wie auch für Momente der Enttäuschung oder des Scheiterns, für Verständnis und Streit, für Zeiten der Helle und für Zeiten der Dunkelheit? Die Forderung des Apostels Paulus erscheint als Zumutung.
Für alles dankbar zu sein oder vielmehr zu werden, das verlangt ein inneres Reifen. Inneres Reifen wandelt unser menschliches Selbstverständnis und unsere Haltung gegenüber dem Leben. Dankbarkeit weitet das Herz. Oftmals übersehen wir die vielen kleinen und kostbaren Dinge: ein Glas sauberes Wasser, eine Blume oder ein Baum am Wegrand, ein freundlicher Blick, die ausgestreckte Hand. Es gibt vieles, an dem wir achtlos vorübergehen. Dankbar zu werden, das verlangt ein tägliches Üben der Achtsamkeit: so etwa die Danksagung gegenüber anderen oder der aufmerksame Tagesrückblick am Abend, der alles Geschehene urteilsfrei so da sein lässt, wie ich es empfunden habe.
Was zu einer Zeit als dunkel, bedrückend und ausweglos erschien, erwies sich später und rückblickend als tiefgehendes Lernen, als Wandlungsgeschehen, als Wendepunkt und Aufbruch. Wenn wir, auch in unserer Erinnerung, immer nur eine Trennmauer errichten zwischen jenen Menschen und Begebenheiten, die in uns Leichtigkeit und Freude wecken und jenen, die wir nicht gerne haben, die wir als Last empfinden, schmälern, ja verengen wir dann nicht den Reichtum unseres Daseins als Geschenk Gottes?
Die Feier des Dankes ist mit der Feier der Eucharistie die Mitte und der Höhepunkt des christlichen Lebens. Der Apostel Paulus ermutigt uns, alles zu betrachten, was uns zu dem führte, wo wir hier und heute stehen – im Vertrauen darauf, dass Gottes Liebe alles trägt und umfängt.
Gregor Schwabegger OCist