Der Toten gedenken

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Der November ist im Kirchenjahr jene Zeit, in welcher wir der Toten gedenken. Wir gedenken derer, die einst zu uns gehörten und von uns gegangen sind. Wenn wir es tun, müssen wir in der Erinnerung auf den eigenen Lebensweg weit zurückgehen. Die einen waren unsere Lieben, die mit uns gegangen sind von Anfang an. Die anderen waren Freunde und Wegbegleiter. Wieder andere gesellten sich nur kurze Zeit hinzu. Und immer wieder kommen die einen und gehen die anderen. Die engere Gefährtenschaft des Lebens aber bildet jener vertraute Kreis, den wir lieben. Dort spricht das Herz zum Herzen. Und dieser Kreis wird mit der Zeit kleiner und kleiner geht langsam ein in den Abschied ohne Wiederkehr. Was bleibt, ist Schweigen. Der Abschied lässt einen bestimmten Platz unausgefüllt zurück und durch nichts und niemanden vermag der Platz der Verstorbenen ausgefüllt zu werden, denn zu einmalig und zu kostbar ist der geliebte Mensch. Wenn er von uns geht, geht ein Stück unseres Herzens mit ihm. So vergessen wir jene nicht, die wir geliebt haben und die von uns gegangen sind. So leben wir bereits jetzt mit den Verstorbenen.

Und weil sie in Gottes Liebe eingegangen sind, sind sie auch bei uns. Dort wird ihr Leben verwandelt in ewiges Leben. Was hier auf Erden Stückwerk und zerbrochen war, wird dort vollendet. Wenn wir im Gebet ihrer gedenken, eintreten in den Raum der Stille Gottes, in sein Schweigen, wird und gewahr, dass sie auch uns nahe sind, wie wir ihnen in liebender Erinnerung nahe sind. Weil Gottes Liebe unendlich ist, ruft sie uns aus unserer Endlichkeit heraus, hinein in seine Stille, damit wir Hörende werden. Sein Schweigen, das wir im Gedenken an die Geliebten vernehmen, ist die Gestalt seines Wortes in unserer Endlichkeit: „Ich vergesse dich nicht. Sieh her: Ich habe dich eingezeichnet in meine Hände“ (Jes 49,16). Es ist ein heiliges Schweigen. Unsere Verstorbenen sind hineingenommen in die unendliche Liebe Gottes. Dort sind sie ewig Lebende. Und weil sie darin nicht mehr zu unserer Endlichkeit gehören, weil sie darin in Gottes grenzenlosem Leben sind, stimmen sie auch ein in sein heiliges Schweigen. Es ist das Schweigen ewigen Lebens, das keinen Tod kennt. So ist ihr Schweigen ihr Wort an uns. Es ist das lautlose Wort ihrer Liebe zu uns, das uns auf unserer Pilgerreise in das Leben und Licht Gottes ruft und geleitet.

P. Gregor Schwabegger OCist