Manchmal erleben wir uns in Situationen, in denen wir in die Zukunft sehen möchten: „Wo und wie werde ich wohl in einem, in drei, in fünf Jahren sein? Werden sich bis dahin diese oder jene Schwierigkeiten gelöst haben? Woraufhin gehe ich zu? Was wird sein?“
Wir wissen, dass es auf solche oder ähnliche Fragen eigentlich nur Spekulationen, bestenfalls begründete Annahmen, aber letztlich keine sicheren Antworten gibt. Perspektiven sind unerlässlich und wertvoll, weil sie uns mögliche Richtungen eröffnen und uns darin zur Unterscheidung und Entscheidung aufrufen. Zugleich aber haben wir gerade genug “Licht“, um den nächsten Schritt zu setzen und das zu tun, was wir heute und morgen gemäß unserer Verantwortung tun müssen – sei es uns selbst gegenüber, sei es gegenüber anderen. Mit anderen Worten: Wir müssen wissen, wohin wir gehen wollen. Aber diesem Woraufhin können wir uns nur dann verantwortlich nähern, wenn wir Schritt für Schritt vorangehen, um begangene Fehler und – im Rückblick – vergangene Fehleinschätzungen im Vorwärtsgehen auch schrittweise möglichst neu bedenken und möglichst berichtigen zu können.
Es gehört zu einer “Lebenskunst“, die sich am Evangelium ausrichtet, Gott dafür zu danken, was wir sehen und erkennen können, und nicht darüber in Furcht zu fallen, was alles im Ungewissen oder im Zwielicht verborgen liegt. Das heißt: Gott um das notwendige Licht für den nächsten Schritt zu bitten und ihm zu vertrauen, dass es auch hell genug sein wird für den folgenden Schritt. Dies ist Ausdruck christlicher Demut, nämlich dankbar zu erkennen und anzunehmen, dass wir in Gottes Augen unendlich wertvoll sind – seine geliebten Söhne und Töchter, Brüder und Schwestern Jesu Christi. Das ist Ausdruck christlicher Demut, die darauf vertraut, dass Gott die Zukunft gehört. Die tägliche Meditation der Evangelien, in der wir uns ganz persönlich in all jene hineinversetzen, denen Jesus begegnet, uns selbst in ihnen zu erkennen und zu erfahren, darin Jesu Worte und Zuwendung auf uns wirken zu lassen, erweist sich als geistlicher Weg, menschlich in der Selbstannahme Schritt für Schritt zu wachsen.
P. Gregor Schwabegger OCist